Digital Detox: Bringt das was?

20 März 2023
Digital Detox: Bringt das was?

Bist du zu abhängig von deinem Handy, den Likes in sozialen Medien oder wurde dir gesagt, dass du zu sehr am Smartphone hängst? Dann hast du sicherlich schon mal vom Begriff “Digital Detox” gehört. Aber was bringt das wirklich? Wir klären euch auf.

Detoxing kennen viele von uns aus dem Gesundheitsbereich. Ganze Industrien haben sich dem Detoxing, auf Deutsch Entgiften, verschrieben und verkaufen völlig überteuerte Nahrungsergänzungsmittel, Alltagsgegenstände und Präparate. Die Firmen dahinter sind aber weniger an deiner Gesundheit interessiert, als vielmehr an deinem Geld. Detox-Produkte versprechen, den Körper zu entgiften, zu entschlacken. Wie sie das tun, können die Unternehmen aber nicht belegen. Obwohl die Wirksamkeit dieser Produkte nicht belegt ist, werben die Hersteller mit allerlei Heilsversprechen, teilweise an der Grenze zur Illegalität. Dein Körper besitzt mit der Leber und den Nieren aber bereits zwei Organe, die giftige Stoffe, die wir zum Beispiel über die Nahrung aufnehmen, unschädlich machen und über den Urin ausführen. Detox-Produkte sind also reine Geldverschwendung. 

Was ist nun Digital Detox?

Digital Detox überträgt dieses Konzept nun aufs Digitale, glücklicherweise ohne teure Produkte – es ist kostenlos. So wie normales Detoxing darauf abzielt, die Giftstoffe aus unserem Körper zu ziehen, so geht Digital Detoxing davon aus, dass wir permanenter Reizüberflutung ausgesetzt sind, dass wir süchtig nach unserem Smartphone und dem Internet sind, dass wir Opfer unserer eigenen Dopamin-Kicks sind und durchs “Fasten”, also “Abschalten” wieder stressfreier, und damit gesünder werden. Dahinter steckt viel Wahres, allerdings ist Digital Detox nicht das Heilmittel, zu dem andere Medien es regelmäßig machen. Warum, das erklären wir dir weiter unten. Zuerst müssen wir aber über die Arten von Digital Detox sprechen.

Formen von Digital Detox

Eine einheitliche Definition zu Digital Detox existiert nicht. Je nachdem, wen man fragt, erhält man unterschiedliche Antworten. Die einen verstehen darunter eine Auszeit von Social Media, andere wiederum eine Smartphone-Pause und eine kleine Minderheit versteht darunter sogar einen kompletten Rückzug aus der digitalen Welt. Zeit, etwas Licht ins Dunkel zu bringen.

Social-Media-Detox

Am leichtesten dürfte es wohl sein, eine Social-Media-Pause einzulegen. Ob du dein Profil deaktivierst oder deine Aktivitäten nur vorübergehend einstellst, bleibt dir überlassen. 

Smartphone Detox

Schwieriger wird das Smartphone Detox: Hier verzichtest du komplett auf dein Smartphone. Da nicht wenige von uns aber telefonisch erreichbar sein müssen, braucht es eine Alternative. Ein einfaches, “dummes” Handy kann die Lösung sein.

Full Digital Detox

Am schwersten wird es, sich komplett vom Digitalem zu lösen: Also auch den Computer, die Spielekonsole, den vernetzten Fernseher, das Smart Home, hinter sich zu lassen. Das geht nur mit einem teuren Ortswechsel, wo du dich voll und ganz abkapseln kannst. 

Dopamine Detox

Der Dopamine Detox hat seinen Ursprung im Silicon Valley. Hier versucht man, alles zu vermeiden, was Dopamin ausschütten könnte. In der extremsten Form unterbindet man sogar alles, was irgendwie Dopamin ausschütten könnte – selbst Blickkontakt, Gespräche oder gar die Nahrungsaufnahme! Der Körper produziert aber immer Dopamin, auch ohne äußere Reize. Der Begriff “Dopamin Detox” ist daher umstritten. Warum, das erfährst du im folgenden Abschnitt.

Die Probleme mit Digital Detox

Nicht jeder kann es sich leisten, einfach “abzuschalten”

Ist dir schon mal aufgefallen, dass sich die meisten Artikel über Digital Detox-Erfahrungen um Persönlichkeiten wie Firmenchefs, Promis oder Influencer drehen? Richtig, das sind Personen, die Sekretäre, Assistenten und Manager um sich haben und die es sich leisten können, digitale Auszeiten zu nehmen. Nur ist ein Urlaub fernab der Zivilisation teuer und für die allermeisten von uns nicht praktikabel.

Dopamin-Fasten ist nicht wie normales Fasten

Die Vorstellung, dass sich Dopamin in unserem Körper unbegrenzt anreichert, ist falsch (man beachte hier die Analogie zu den oben genannten Giftstoffen), wird aber immer wieder in den Medien kolportiert. Zwar führt zu viel Dopamin im Körper zu manischen und schizophrenen Zuständen, umgekehrt steigern zu niedrige Dopamin-Werte aber das Risiko für Parkinson. Dopamin ist ein Neurotransmitter, und als solches auch schnell wieder abgebaut. 

Wichtig: Das Glückshormon wird nicht nur bei Likes und Shares ausgeschüttet, sondern auch wenn du dich ungesund ernährst oder zur Zigarette oder Alkohol greifst. Ebenso wird es bei anderen guten Sachen ausgeschüttet, etwa wenn du den Kuchen im Backofen riechst, Sex hast, Sport machst oder deine Freunde triffst. Deshalb ist der Begriff Dopamin-Fasten an sich falsch. Dopamin macht nicht süchtig oder abhängig, sondern die Aktivität, die es auslöst. Wenn es süchtig machen würde, warum greifen wir dann weiterhin zur Flasche oder Zigarette anstatt direkt zu einer Dopamin-Spritze?

Viele der Alternativen zu Apps kosten Geld und produzieren Müll

Viele Ratgeber zu Digital Detox raten dazu, Apps und Funktionen wie die Taschenlampe, den Kalender, den Musikplayer oder die Notizen analog zu machen und sich entsprechende Geräte zuzulegen. Doch gut gemeint ist nicht gut gedacht. Nicht nur ist dieser Tipp total unpraktisch (wer hat heutzutage noch eine Taschenlampe oder ein Radio, und wer will heutzutage sowas mit sich herumschleppen?), zudem verursacht er unnötige Kosten und Umweltbelastungen. Denn spätestens mit dem Ende des digitalen Detoxings nutzen wir eh wieder digitale Apps und eingebaute Features. Der Kalender versauert in der Schublade, das Radio fängt Staub und der Wecker fristet ein trauriges, einsames Leben auf dem Nachttisch. Das muss nicht sein.

Die Reizüberflutung findet nicht nur im digitalen Leben statt

Es ist wahr, dass Instagram und Co. uns mit fiesen Tricks auf der Plattform halten. Aber mit Reizen überflutet werden wir nicht nur dort. Auch die Werbung im Fernsehen, in den Zeitungen, auf den Monitoren in Bus & Bahn, auf digitalen Plakatwänden an Häuserfassaden und Supermärkte sind dafür bekannt, uns mit Reizen zu überfluten und uns zum Kaufen zu animieren. 

Online-Banking, aber wie?

Wie wir in unserem Artikel über Smartphone-Stress geschrieben haben, löst nicht nur Social Media Stress in uns aus. Auch ein Blick auf unser Konto kann uns glücklich oder unglücklich machen. Aber niemand fordert deswegen, weniger Online-Banking zu nutzen. Wie soll man die Finanzen verwalten, wenn man Digital Detox macht und kein Smartphone mit der Banking-App nutzen darf? Zur Filiale zu fahren und dort Überweisungen zu tätigen, kostet Zeit. Zeit, die die wenigsten von uns haben. 

Du siehst: Ein Digital Detox ist leichter gesagt als getan. Wenn du dir eine digitale Auszeit nehmen willst, musst du dir über diese Punkte aber im Vorfeld Gedanken machen. 

Die Studienlage zu Digital Detox

Mittlerweile gibt es solide Studien zu diesem Thema. Eine Metastudie von 2021 hat 21 veröffentlichte Studien analysiert und kam zu einem durchwachsenen Fazit: 

Kognitive Leistung und Impulskontrolle nahezu unverändert

Schlaf- und Lebensqualität: uneinheitliche Ergebnisse

Angst & Einsamkeitsgefühl eher schlimmer

Verbesserung nur bei Stress und Depressionen

Deutlich positive Effekte konnten nur in den Bereichen Stress und Depressionen nachgewiesen werden.

Warum ist die Studienlage so inkonsistent? 

Du siehst: Die Studienlage ist sehr inkonsistent. So wie jeder unter dem Begriff “Digital Detox” etwas anderes versteht, so sind auch die Ergebnisse der 21 untersuchten Studien zu deuten: Zum einen nutzen die Studien teils Modelle, die lange vor der Smartphone-Zeit entwickelt wurden. Zum anderen variierte der Studienzeitraum: von 24 Stunden über drei Tage bis hin zu mehreren Wochen war alles dabei. Auch welche Apps die Teilnehmer nutzen (oder nicht nutzen) durften, variierte von Studie zu Studie. Die Folgen einer TikTok-Abstinenz wurden zum Beispiel nicht untersucht. Die Autoren der Metastudie kommen zu folgendem Ergebnis: 

“Die eingeschlossenen Studien lassen den Schluss zu, dass ein Digital Detox einige vielversprechende Auswirkungen auf die Nutzung [des Digitalen, Anm.] selbst und auf depressive Symptome hat. Die uneinheitlichen Ergebnisse verhindern jedoch eine Empfehlung, ob digitale Detox-Maßnahmen gefördert oder verworfen werden sollten, da positive und kontraproduktive Folgen noch genauer untersucht werden müssen.”

Wenn du mehr über die Metastudie und die Ergebnisse lesen willst, kannst du das hier tun.

So erkennst du seriöse Studien

Digital-Detox-Tipps, die tatsächlich helfen

Wenn du an dieser Stelle angelangt bist und trotzdem eine Auszeit nehmen möchtest, geben wir dir hier ein paar wirklich hilfreiche Tipps. 

Tipp: Viele weitere hilfreiche Tipps und Tricks findest du auch in unserem Artikel über Smartphone-Stress.

Nutze den Browser statt der App

Manchmal muss es nicht gleich eine komplette Social-Media-Auszeit sein. Es reicht, einfach nur die Benutzererfahrung etwas zu verschlechtern. Wenn du Instagram und Co. mit dem Browser nutzt statt mit der App, ist alles etwas langsamer, unrunder, anders. Dazu kommt, dass das Medium dann ein Tab von vielen im Browser ist, und die App nicht die erste Anlaufstelle nach dem Aufwachen ist. 

Nutze App-Limits

iOS und Google haben ein nettes Feature, mit dem du deine Zeit in der App begrenzen kannst. Dies geht in den Einstellungen, wo du für jede App ein Zeit- oder Zugangslimit einstellen kannst. Hast du das Limit erreicht, wird die App bzw. die Seite gesperrt. 

Wer nicht von heute auf morgen cold turkey (kalter Entzug) machen will, dem empfehlen wir, die verfügbare Zeit nach und nach runtersetzen. Setze anfangs ein Limit von 30 Minuten App-Zeit pro Tag, welches du nach und nach verringert. 

Erhöhe den Einsatz

Zusammen mit Freunden zu detoxen, schafft Motivation und spornt an. Besonders bei Treffen und Ausflügen gilt exzessive Smartphone-Nutzung als unhöflich. Wie wäre stattdessen eine Smartphone-Wette? Wer als Erstes zum Smartphone greift, muss die gesamte Restaurant-Rechnung bezahlen. Alternativ bietet es sich an, am Anfang alle Handys einsammeln zu lassen, damit niemand darauf zugreifen kann für die Zeit des Restaurantbesuchs. Auch andere Wetten sind möglich – seid kreativ! 😁

Nutze den Flugmodus, Do-Not-Disturb-Modus oder Focus Modes

Wer von den Benachrichtigungen ständig abgelenkt wird, für den empfehlen wir den Flugmodus, den Do-Not-Disturb-Modus  oder Focus Modes. Während der Flugmodus dein Handy komplett vom Internet trennt, eignen sich Focus Modes dafür, private und berufliche Mitteilungen zu trennen. Einmal richtig eingestellt und aktiviert, kriegst du zu einer bestimmten Uhrzeit nur berufliche Benachrichtigungen, etwa Nachrichten und Anrufe von Kollegen, Chat-Mitteilungen von Slack, Teams oder anderen sowie berufliche E-Mails. Mit einem “privaten” Focus Mode kannst du dann berufliche Mitteilungen und Kollegen stummschalten. Schaue dazu einfach in den Einstellungen unter “Fokus”. 

“Achtsamkeit du üben musst”

Eine weitere Alternative ist Achtsamkeit. Achtsamkeit bedeutet, dass du eine Tätigkeit, wie etwa das Öffnen einer Social-Media-App, aus dem Unbewussten ins Bewusstsein holst. Am einfachsten geht es, wenn du dir das aufschreibst, etwa in einem Bullet Journal oder Habit Tracker. Wann hast du z. B. Instagram geöffnet? Wie oft? Gab es einen Post, der dich unglücklich gemacht hat? Oder inspiriert? Im Moment des Aufschreibens denkst du bewusst über diese Tätigkeit nach, mit ein bisschen Übung schaffst du es schließlich, diese unbewussten Handlungen vermehrt zu hinterfragen – das ist Achtsamkeit. 

Erschaffe einen Content Calendar

Social Media ist für viele von uns Arbeit. Man macht dutzende von Aufnahmen, bearbeitet die beste Aufnahme mit Filtern und Bildbearbeitungs-Apps, lädt es hoch und versieht es mit Beschreibungstexten. Wenn du nicht gleich eine komplette Social-Media-Abstinenz machen willst, wie wäre es, wenn du deine Social-Media-Aktivitäten auf zwei Tage in der Woche konzentrierst? Viele Creator, besonders auf YouTube, arbeiten nach diesem Modell und veröffentlichen Videos immer nur an bestimmten Tagen. Vielleicht wäre das auch was für dich? Ein Content Calendar ermöglicht dir, Posts vorzuarbeiten. Dadurch hast du an anderen Tagen mehr Freizeit und verpasst trotzdem nichts Wichtiges (FOMO – Fear of Missing Out).

Belohne dich für dein Durchhaltevermögen

Ein Digital Detox ist harte Arbeit, und viele Menschen scheitern daran. In dieser Hinsicht unterscheidet sich der digitale Entzug nicht von Alkohol oder Zigaretten. Das Problem ist aber, dass wir immer nur die negativen Aspekte sehen. Wenn wir uns also doch wieder auf TikTok rumtreiben, obwohl wir eigentlich davon wegkommen wollten, macht uns das traurig. 

Konzentriere dich auch auf Positives, sowohl in deinem Social-Media-Feed (indem du negativen Leuten und Seiten entfolgst und mehr positiven Seiten folgst), als auch im echten Leben: Belohne dich, wenn du dein selbst gestecktes Ziel erreicht hast! 

Ist dein Ziel, eine Woche mal kein Instagram zu nutzen, hast du dir eine Belohnung verdient. Das kann ein gemütlicher Wellness-Abend in der Badewanne mit einem schönen Glas Wein und einem spannenden Buch, ein Häkel-, Fotographie- oder Malkurs, oder ein Ausflug in deine Lieblingstherme sein. Der Clue: Bei all diesen Aktivitäten verringerst du automatisch deine Zeit mit dem Smartphone. 

Fazit: Digital Detox ist kein Allheilmittel

Warum scheitern so viele Diäten? Ganz einfach: Weil wir schnell wieder in alte Muster verfallen. Wenn wir uns nach der Auszeit wieder auf Instagram anmelden und genau dort weitermachen, wo wir aufgehört haben, ist nicht viel gewonnen. Ein Digital Detox löst nichts an den grundsätzlichen Problemen. Wenn du vorher eine Stunde mit deinem TikTok-Video gebraucht hast, wirst du auch nach der Pause wieder eine Stunde brauchen, um den Post in die Welt zu setzen – du bist wieder genau dort angelangt, wo du aufgehört hast. Statt Social Media oder dein Smartphone komplett zu verbannen, ist es besser, einen bewussteren Umgang mit diesen Sachen zu erlernen. 

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